Sehr geehrte Mitglieder der Niedersächsischen Landesregierung,
seit mittlerweile über anderthalb Jahren ist es tausenden Fußballfans, aufgrund der Pandemie und den damit einhergehenden Beschränkungen, nicht möglich, ihre Fankultur auszuleben und somit ihre Vereine gebührlich zu unterstützen. Zahlreiche Erkenntnisgewinne über diese Pandemie wurden kontinuierlich in der niedersächsischen Corona-Verordnung berücksichtigt und lösungsorientiert ergänzt. Den Wegfall der absoluten Obergrenze von 25.000 Zuschauern sehen wir dabei als einen ersten und richtigen Schritt an, der in naher Zukunft auch bedingungslos Bestand haben muss. Ein jeher zentrales, fanpolitisches Thema von großer Bedeutung, ist die Personalisierung von Eintrittskarten. Ein wichtiger Baustein dieses Themas ist die flexible und unbürokratische Weitergabe sowie der Bezug von Tickets. Sei es die spontane Verhinderung einer Einzelperson, welche die Möglichkeit einer kurzfristigen Weitergabe benötigt oder sei es ein lokaler Sportverein, welcher zentral und unkompliziert für seine 50 Jugendspieler Karten erwerben möchte. Die aktuelle Personalisierung in der niedersächsischen Corona-Verordnung verhindert dies.
Daher fordern wir, dass die Niedersächsische Landesregierung die Personalisierung von Tickets bei Großveranstaltungen aus der Corona-Verordnung streicht und es auf die allgemeine Kontaktnachverfolgung beschränkt.
In der derzeitigen Lage ist eine Kontaktnachverfolgung nachvollziehbar. Bei Großveranstaltungen sollen aktuell personalisierte Tickets dafür sorgen, dass lange Warteschlangen an den Eingängen vermieden werden. Bedauerlicherweise spiegelt sich gerade in der Praxis das genaue Gegenteil wider. Neben der vorgelagerten Kontrolle der 2G/3G-Nachweise sowie der klassischen Leibesvisitation, muss aufgrund der Personalisierung ein Abgleich der Daten vom Ticketkäufer mit jenen des Ticketnutzers erfolgen. Dies führt jedoch zur Entstehung längerer Schlangen. In anderen Bundesländern ist die Kontaktnachverfolgung bei Großveranstaltungen ohne eine Personalisierung von Tickets gängige Praxis – ohne erkennbare Nachteile. So können die Kontaktdaten am Eingang unabhängig vom Platz innerhalb des Stadions und unabhängig von der Eintrittskarte unkompliziert erhoben werden. Die digitale Kontaktdatenerhebung über geeignete Apps ist für die breite Masse ein probates Mittel, sollte jedoch als zusätzliche Option angesehen werden. Die Möglichkeit der Nutzung darf nicht dazu führen, dass Menschen, die keine Apps nutzen, die Veranstaltung nicht besuchen können.
Zusätzlich werden die Veranstalter ohnehin durch die Umsetzung von Hygienekonzepten mit zusätzlichen administrativen und finanziellen Herausforderungen belastet. Hier sollte die Durchführung einer Veranstaltung aufgrund zusätzlichen Aufwands durch weitere Kontrollen nicht noch weiter erschwert werden. Andere Großveranstaltungen in Niedersachsen, wie Herbst- und Weihnachtsmärkte, unterscheiden sich lediglich darin, dass hier keine Tickets verkauft werden. Die Besucherzahlen zu sehr frequentierten Zeiten ähneln jedoch stark denen aktueller Großveranstaltungen im Profisport-Bereich oder liegen sogar über den Zuschauerdurchschnitten.
Wir sind uns der gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und sehen bis zum Ende der epidemischen Lage von nationaler Tragweite die Notwendigkeit für Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. Jedoch müssen diese Grundrechtseinschränkungen auch klar argumentiert und auf Fakten basiert begründet sein. Dieses ist aus unserer Sicht bei der festgeschriebenen Personalisierung von Tickets bei Großveranstaltungen nicht gegeben. Als Niedersächsische Landesregierung haben Sie die Möglichkeit, wie bereits bei vorherigen Anpassungen der Verordnung, ebenfalls bei diesem Thema flexibel und praktikabel auf Erkenntnisse und Erfahrungen zu reagieren. Machen Sie mit uns gemeinsam einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Normalität, indem unsere Forderung in der nächsten novellierten Corona-Verordnung umgesetzt wird.
Mit schwarz-weiß-grünen Grüßen
Fanszene von Hannover 96